E57 Sirene - warum die Motorsirene technisch überholt ist 🔧

02 Juli 2025

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E57 Sirenen sollten dringend durch moderne elektronische Sirenen ersetzt werden

E57 Sirene sind weder wartungsarm noch Blackout-sicher.

Die E57 Motorsirene war lange Zeit ein zentrales Element des Zivilschutzes im 20. Jahrhundert und diente als primäres Warnsystem (Haack, 2009; Secty‑Electronics, 2005; BBK, 2022). Obwohl sie in Österreich und – in Einzelfällen – auch in Deutschland weiterhin eingesetzt wird, gilt sie aus heutiger technischer, sicherheitsrelevanter und organisatorischer Sicht als veraltet (BMI Österreich, 2021; BBK, 2023; FH Burgenland, 2023; BBK, 2024a).

 

Technische Einordnung der E57 Sirene

Die E57 Motorsirene ist eine elektromechanische Anlage, die mit einem Drehstrommotor arbeitet und über einen rotierenden Schlitzenzylinder Luftimpulse erzeugt (Haack, 2009; DIN, 2017). Diese Impulse werden durch einen feststehenden Stator moduliert, sodass ein kontinuierlicher Heulton generiert wird (Haack, 2009; ResearchGate, 2015). Der abgestrahlte Schall wird über ein Schutzdach vertikal nach unten geleitet, was in unmittelbarer Nähe (<30 m) zu einer hohen Schalldruckbelastung führt. Dabei erreicht der maximale Schalldruckpegel in 30 m Entfernung etwa 101 dB(A) (Honeywell, 2024). In Kombination mit der fehlenden Optimierung von Schallausbreitung und -fokussierung erweist sich diese Technik als ineffizient im Vergleich zu modernen Systemen (Expert‑Security, 2023). Die weitverbreitete Annahme, dass Motorsirenen wartungsarm seien, entpuppt sich als irreführend (Haack, 2009; DIN, 2017). Die E57 weist eine Vielzahl wartungsintensiver Baugruppen und Komponenten auf, was zu erheblichen Betriebsrisiken führt.

Die E57 benötigt Drehstrom (3 × 380 -400V) zur Inbetriebnahme. Dies führt im Fall eines Stromausfalls zu einer grundlegenden Betriebsuntüchtigkeit, sofern keine separate Netzersatzanlage vorhanden ist (BBK, 2022; DIN, 2017). Nur eine geringe Anzahl von Standorten verfügt über ein eigenes Notstromaggregat (BMI Österreich, 2021; Secty‑Electronics, 2005), was den Ausfallschutz erheblich einschränkt (BBK, 2023b). Die wirtschaftliche und technische Integration einer unterbrechungsfreien Stromversorgung ist in der Praxis kaum realisierbar (Aumüller, 2023). Elektronische Sirenen, wie die Delta 8, können bei einem Stromausfall mehrere Tage, Netz-unabhängig, via Stromversorgung mittels der verbauten Batterien oder eines Solar-Panels betrieben und zur Alarmierung genützt werden.

Der effektive Wirkbereich der E57 liegt in bebauten Gebieten meist unter 500 m, was insbesondere in dicht besiedelten urbanen Räumen zu unzureichender Bevölkerungswarnung führt (BMI Österreich, 2021; BBK, 2022). Moderne elektronische Sirenen, wie etwa die Delta‑Serie, erreichen durch gezielt ausgerichtete Hochleistungsschallwandler Reichweiten von bis zu 1.200 m bei einem Schalldruck von 118 dB(A) (Expert‑Security, 2023).

Ein wesentlicher technischer Nachteil der E57 ist die fehlende Möglichkeit zur Sprachalarmierung, was die zielgerichtete Ansprache der Bevölkerung in kritischen Situationen unmöglich macht (Schmidbauer & Lauer, 2020; BBK, 2024b). Zudem fehlt, ohne Nachrüstung, die Anbindung an digitale Warnsysteme wie MoWaS oder TETRA BOS, wodurch keine Fernsteuerung und Systemüberwachung möglich ist (BBK, 2023; SWP, 2024). Dies führt dazu, dass in Krisensituationen weder flexible Alarmierungsstrategien noch eine adaptive Systemanpassung möglich sind (Bertelsmann Stiftung, 2022).

Lager- und Dichtungsverschleiss, Materialermüdung und Korrosion beeinträchtigen die langfristige Funktionalität der E57 Motorsirene. Längere Stillstandszeiten fördern Verharzung, die Blockaden und mechanische Überlastungen verursacht (Haack, 2009; FH Burgenland, 2023; DIN, 2017; ResearchGate, 2015).

Veraltete Relaissteuerungen der E57 sind störanfällig bei Temperaturschwankungen und Spannungsabfällen. Das Fehlen von Diagnose- und Fernwartungsfunktionen erschwert Fehlerdiagnose und vorbeugende Instandhaltung (BBK, 2023; Secty-Electronics, 2005; Schmidbauer & Lauer, 2020; Aumüller, 2023).

Gemäss DIN 14685-1 sind für Sirenen regelmässige Sicht- und Funktionsprüfungen durch qualifiziertes Personal vor Ort vorgeschrieben. Elektronische Sirenen erfordern jedoch weniger Wartung, da sie keine mechanischen Bauteile haben und oft Fernwartungs- sowie Diagnosefunktionen bieten, was den Ressourceneinsatz reduziert (DIN, 2017; BMI Österreich, 2021; BBK, 2023b).

E57 Sirenen in Deutschland und Österreich

Im D-A-CH-Raum gibt es ein dichtes Sirenennetz, dessen Bestand teilweise veraltet ist. In Österreich sind etwa 8.300 Sirenen im Einsatz (Stand 2021), von denen viele E57-Motorsirenen sind, die über 40 Jahre alt, nicht Netz-autark und nicht System-integriert sind (BMI Österreich, 2021; Haack, 2009; Secty‑Electronics, 2005; BBK, 2024a). In Deutschland sind knapp 40.000 Sirenen registriert, wobei nur ein kleiner Teil Motorsirenen umfasst (BBK, 2022; Bertelsmann Stiftung, 2022, Schmidbauer & Lauer, 2020). Historisch gab es in Deutschland bis zu 86.000–100.000 Sirenen, doch viele wurden mit Ende des kalten Kriegs ausser Betrieb genommen oder durch elektronische Systeme ersetzt. Seit der Hochwasserkatastrophe 2021 fördert das BBK den Austausch durch und Aufbau von modernen, wartungsarmen, elektronischen Sirenen.

Fazit E57 Sirene

Die E57 Motorsirene war einst ein robustes und zuverlässiges Warnmittel (Haack, 2009; Secty‑Electronics, 2005). Dennoch genügt sie den heutigen Anforderungen im Katastrophenschutz nicht mehr, da sie:

  • keine Blackout-Fähigkeit besitzt (BBK, 2022; DIN, 2017),
  • einen hohen Stromverbrauch und Wartungsaufwand verursacht (DIN, 2017; FH Burgenland, 2023),
  • keine Sprachalarmierung ermöglicht (Schmidbauer & Lauer, 2020; BBK, 2023),
  • Nachrüstungen für den Einbezug in moderne digitale Warnsysteme nötig sind  (SWP, 2024).

 

Moderne elektronische Sirenen bieten hingegen erhebliche Vorteile, darunter:

  • eine deutlich höhere Reichweite und Möglichkeit zur Schallfokussierung (Honeywell, 2024),
  • integrierte Sprachalarmierung und Notstromversorgung (BBK, 2023; Expert‑Security, 2023),
  • umfassende digitale Systemintegration (BBK, 2024b)

 

Die E57 Motorsirene ist aus heutiger Sicht kein tragfähiger Bestandteil eines modernen Katastrophenschutzsystems. Ihre nostalgische Robustheit kann nicht die resiliente Alarmierung ersetzen, wie sie von aktuellen Systemen gewährleistet wird (Haack, 2009; BBK, 2023; FH Burgenland, 2023).

Quellen Bilder

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Quellen Informationen

BBK. (2022). Sonderförderprogramm Sirenen – Bericht zur Umsetzung. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. https://www.bbk.bund.deBBK.

BBK (2023). Leitfaden zur Warnung der Bevölkerung. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. https://www.bbk.bund.deBBK.

BBK (2024a). Sozialwissenschaftliche Aspekte der Warnung der Bevölkerung (FiB‑29). Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

BMI Österreich. (2021). Sirenennetz in Österreich – Stand und Strategie. Bundesministerium für Inneres. https://www.bmi.gv.atDIN.

DIN (2017). DIN 14685‑1: Feuerwehrsirenen – Teil 1: Anforderungen, Prüfung. Deutsches Institut für Normung.

Haack, H. (2009). Sirenen: Technik, Geschichte, Bedeutung. Berlin: Verlag für Technikgeschichte.

Schmidbauer, R., & Lauer, T. (2020). Bevölkerungswarnung in Deutschland: Herausforderungen und Zukunftsperspektiven. Zeitschrift für Bevölkerungsschutz, 6(2), 45–54.